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Gemeinsam gegen Antisemitismus

Antisemitismus ist auch heute noch in weiten Teilen der Gesellschaft verbreitet. Gerade die Verbreitung von Verschwörungstheorien während der Corona Pandemie verstärkt stereotype Vorurteile gegen Jüdinnen und Juden. Doch moderner Antisemitismus ist ein strukturelles Problem, das weit mehr umfasst: Deshalb hat der Verein „Für ein Buntes Trier – gemeinsam gegen rechts“ die Plakatausstellung „Gemeinsam gegen Antisemitismus“ ins Leben gerufen.

Ziel ist es, über die Formen und Auswirkungen von modernem Antisemitismus aufzuklären und Menschen zu sensibilisieren, sich aktiv gegen Antisemitismus einzusetzen. Insgesamt sind 16 Plakate entstanden: Die Thematik der Plakate reicht von „Was ist Antisemitismus?“ über dessen moderne Ausprägungen bis hin zu Antisemitismuserfahrungen von Jüdinnen und Juden.

Die Plakate wurden in Zusammenarbeit mit der Initiative Interdisziplinäre Antisemitismusforschung der Uni Trier (IIA) und der jüdischen Studierenden Union der Uni Trier ausgearbeitet und gestaltet. Gefördert ist das Projekt durch die Stadt Trier, der Verdi Jugend Trier - Saar und dem Pastoralem Raum Trier.

Die Plakatausstellung „Gemeinsam gegen Antisemitismus“ findet im Rahmen der zivilgeschichtlichen Gedenkarbeit der Stadt Trier statt. Sie können vom 24.01.2022 bis zum 07.02.2022 in der Innenstadt bei folgenden Läden besichtigt werden:

Standorte der Plakate:

Balott

Pax Bank

Buntes Trier

Rapunzel

Burgeramt Trier

Rocketz

Chibi-ya

SCHMIT-Z e.V.

Christis

Stadtbücherei Trier

Flax

Touristen Information Trier

Geschäftsstelle der Grünen

Tuchfabrik Trier

Kleine Fluchten

Walderdorffs / Astoria

Kofferecke

Weinstube Kesselstatt

Modehaus Marx

Weltladen

Museum am Dom

Wissenschaftliche Bibliothek Trier

Optik Raltschitsch

Zuppa

Bei einer einmaligen Plakatausstellung soll es nicht bleiben. Wir wollen erreichen, dass eine breitere Auseinandersetzung mit Modernen Antisemitismus stattfindet: Schulen, Bildungseinrichtungen und ähnliche interessierte Organisationen haben deshalb die Möglichkeit, die Plakatserie kostenfrei zu nutzen. Anfragen gerne an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Was ist Antisemitismus?

Häufig wird Antisemitismus als Fremdenfeindlichkeit oder religiöses Vorurteil gegenüber Jüdinnen und Juden verstanden. Antisemitismus erschöpft sich allerdings nicht in der stereotypen Wahrnehmung und Abwertung von Jüdinnen und Juden. Vielmehr handelt es sich bei Antisemitismus um eine bestimmte Form der antimodernen Weltdeutung, die moderne politische Strömungen oder Weltanschauungen (etwa Liberalismus, Sozialismus, Atheismus, repräsentative Demokratie) oder bestimmte ökonomische Verhältnisse (Finanzkapitalismus, Globalisierung) als Erfindungen "jüdischen Geistes“ identifiziert. Als den „natürlichen“ Nationen gegenüberstehendes “bösartiges” Kollektiv werden Jüdinnen und Juden in dieser Weltdeutung als „Strippenzieher“ verstanden, die den vermeintlich homogenen Gemeinschaften moderne Verhältnisse aufzwingen würden, um diese zu „zersetzen“. Tatsächliche oder vermeintliche Probleme moderner Gesellschaften werden so dem angeblichen Handeln eines explizit als „jüdisch“ identifizierten oder implizit mit antijüdischen Stereotypen konnotierten Kollektivs zugeschrieben.

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Verbaler Antisemitismus

Von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus wurden 2020 insgesamt 1.909 antisemitische Vorfälle dokumentiert (RIAS, 2021). Die Bundesregierung verzeichnet von Januar bis Anfang November 2021 insgesamt 1.850 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund, darunter 35 Gewalttaten. Diese dokumentierten Fälle bilden aber nicht die gesamte Bandbreite antisemitischer Übergriffe ab. Insbesondere im Bereich des verbalen Antisemitismus kann von einer erheblichen Dunkelziffer ausgegangen werden, auf Schulhöfen gilt “Du Jude” immer noch als geläufige Beleidigung. Antisemitische Stereotype werden oft auch im direkten Kontakt mit Jüdinnen und Juden geäußert, wenn diese ihre Herkunft preisgeben, zum Beispiel wird ihnen eine Affnität zu Geld unterstellt oder sie werden für die Politik Israels verantwortlich gemacht. Viele solcher antisemitischen Vorfälle, Beleidigungen und Übergriffe werden allerdings nicht von den Opfern angezeigt und oft, wenn überhaupt, bloß von den (noch nicht flächendeckend ausgebauten) regionalen Meldestellen festgehalten, laufen also unter dem Radar der Behörden.

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Antisemitische Äußerungen und Handlungen erfahren Jüdinnen und Juden tagtäglich. Schon als Kinder wird ihnen verdeutlicht, dass sie „anders“ sind – sie werden mit Vorurteilen konfrontiert, ausgegrenzt und erniedrigt. Mit Formulierungen wie: „Stell dich nicht so an“, „War doch nur ein Witz“ und „Übertreib mal nicht“, werden diese antisemitischen Ereignisse dann oft bagatellisiert. Häufig übernehmen die Täter:innen weder die Verantwortung, noch drohen ihnen Konsequenzen. Vor allem im Kindesalter kann sich ein solcher Vorfall zu einem Trauma entwickeln, aber auch für Erwachsene ist dies häufig mit Trauer, Verletztheit, Scham und Wut verbunden. Aus diesem Grund werden im Folgenden auch immer Betroffenen anonym von ihren Erfahrungen mit Antisemitismus berichten.

»„Im Rahmen meines Pädagogik-Leistungskurses mussten wir ein einwöchiges Praktikum absolvieren. Auf die Nachfrage eines Mitschülers, ob dies auch in dem jüdischen Kindergarten, der in direkter Nähe liegt, möglich sei, antwortete unsere Lehrerin: „Nein, Juden sind schlecht. Mit Juden wollen wir nichts zu tun haben“.«
anonyme Betroffene

Antisemitische Straftaten

Antisemitische Straftaten steigen in Deutschland kontinuierlich an. 2020 erreichten sie einen neuen Höchststand seit Beginn der Erfassung im Jahr 2001. Unter den Straftaten 2020 wurden auch 57 antisemitisch motivierte Gewalttaten aufgenommen. Bei ca. 60% der Straftaten handelt es sich um Volksverhetzungen. Bisher wurde im Jahr 2021 gegen 930 Tatverdächtige ermittelt, jedoch wurden nur fünf Menschen festgenommen und zwei Haftbefehle erteilt. Es ist von einer hohen Dunkelziffer nicht angezeigter antisemitischer Straftaten auszugehen. In den vergangenen Jahren ging ein Großteil der Delikte auf Tatverdächtige aus dem rechten Milieu zurück.

> weitere Informationen zu QAnon & Antisemitismus findet man im Bericht zur Politisch motivierte Kriminalität des Bundeskriminalamts.
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Antisemitische Codes

Antisemitische_CodesModerner Antisemitismus wird überwiegend durch Codes, Chiffren oder Andeutungen verbreitet. Die Codes bzw. Chiffren werden bewusst oder unbewusst verwendet. Unbewusst, da sie seit Jahrhunderten im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft verankert sind. Bewusst, um größtmögliche Aufmerksamkeit zu erzeugen, aber auch um einer Strafverfolgung zu entgehen, da offener Antisemitismus als Volksverhetzung strafbar ist.

Wie äußert sich codierter Antisemitismus?

  • negative historische Bezüge zur jüdischen Geschichte und Religion
  • Beschreibungen eines unwandelbaren „jüdischen Charakters“ (Stereotype) z. B. Darstellung des „Happy Merchant“: antisemitische Darstellung eines Juden mit großer Nase, gierigem Blick und Schläfenlocken
  • Verschwörungsmythen z. B. Bezug auf Rothschild, Soros oder Gates als vermeintliche jüdische Drahtzieher einer globalen Verschwörung
  • Satanistische Elite entführe, foltere und töte Kinder, um ihr Blut zur Verjüngung zu trinken
  • Häufig in Form von Antiamerikanismus oder Globalisierungskritik
  • Oft als Israel- oder Zionismus-Kritik, indem antisemitische Stereotype auf Israel projiziert werden

> einen sehr guten und detailierten Überblick über antisemitische Codes gibt die Amadeu Antonio Stiftung in der Publikation "deconstruct antisemitism!".
> Das Plakat zum Thema (Download)

Die QAnon-Bewegung

moderner_Antisemitismus_Trier_Corona_Rebellen_QAnonBei „QAnon“ handelt es sich sowohl um ein Label als auch um eine Art Bewegung, die jedoch keine eindeutigen Anführer:innen hat. Ausgangspunkt war der als „Pizzagate“ bekannt gewordene Mythos, dass ein geheimes pädophiles (Eliten-)Netzwerk Kinder entführe, foltere und töte, um mit ihrem Blut eine Verjüngungsdroge herzustellen (RIAS, 2021). Diese Vorstellung zeigt klare Parallelen zur Legende des jüdischen „Ritualmords“ an christlichen Kindern aus dem Mittelalter. „Q“, ein angeblich ranghoher US-amerikanischer Geheimdienst-Agent, könne nicht länger mit seinem Wissen alleine leben und verbreite daher die Wahrheit über geheime Pläne einer angeblichen globalen Elite, die nach der Weltherrschaft strebe. Auffällig ist vor allem das stark apokalyptisch geprägte Denken der „QAnon“-Anhänger:innen. In ihrem Denken wird ein Endkampf zwischen „Gut“ und „Böse“ imaginiert. Solche Vorstellungen zeigen Bezüge eines „Erlösungs-Antisemitismus“, der dem NS-Wahn zur Beseitigung der Jüdinnen und Juden zugeschrieben wird. Im europäischen Kontext findet die Bewegung insb. in Deutschland im Zuge der „Querdenken“-Bewegung zulauf. Expert:innen gehen inzwischen von Zehntausenden Anhänger:innen in der Bundesrepublik aus.

> weitere Informationen zu QAnon & Antisemitismus findet man hier.
> Das Plakat zum Thema (Download)

 

»Auf dem Weg zum Jugendzentrum der jüdischen Gemeinde wurde ich als Jugendliche von ein paar Jungs laut angepöbelt. Ich trug meine Lieblingskette mit einem Davidstern, weshalb sie mich zur Seite stießen und riefen: „Du Jude! Hätte man dich mal lieber vergaßt“.«
anonyme Betroffene

 

Israelbezogener Antisemitismus

In unserer Gesellschaft, in der offensichtlich antisemitische Äußerungen zumeist sozial geächtet werden, wird Antisemitismus häufig über Umwege kommuniziert. Gerade Israel als einziger jüdischer Staat, der für viele Jüdinnen und Juden einen wichtigen Teil ihrer Identität bildet, bietet sich für antisemitische Deutungsmuster an. Dabei wird häufig auf Codes zurückgegriffen, um das eigene Ressentiment salonfähiger zu machen. So ist es etwa gesellschaftlich viel anerkannter, von „den Zionisten“ statt „den Juden“ zu sprechen. „Zionisten“, Israelis und der jüdische Staat werden in Anlehnung an typische judenfeindliche Vorstellungen etwa als bösartige „Kindermörder“ oder „Strippenzieher“ dargestellt. So sei die Existenz Israels die einzige Ursache für die Konflikte im Nahen Osten. Diskursiv einflussreiche Beispiele von israelbezogenem Antisemitismus sind darüber hinaus Gleichsetzungen von israelischer Politik mit der des NS-Regimes; Dämonisierungen und die Verwendung von zweierlei Standards in Bezug auf Israel im Vergleich zu anderen demokratischen Staaten; die Aberkennung eines jüdischen Rechts auf Selbstbestimmung und die Behauptung, Israel sei ein "kolonialrassistischer Apartheidstaat“. Wirkmächtig sind darüber hinaus Boykottaufrufe gegen Israel, die Israelis kollektiv für tatsächliche oder vermeintliche Handlungen ihrer Regierung verantwortlich machen und Erinnerungen an die NS-Parole „Kauft nicht bei Juden“ wecken.

Antisemitische Verschwörungsmythen und Israelfeindschaft treten letztlich oft gemeinsam in Erscheinung. Der israelbezogene Antisemitismus projiziert entsprechende antisemitische Ressentiments auf den jüdischen Staat Israel und seine moderne Demokratie. Israelbezogene Judenfeindschaft bietet eine enorme Komplexitätsreduktion: vielschichtige gesellschaftliche Herausforderungen und Konflikte werden zur "jüdischen Frage" und zum Problem des jüdischen Staates verdinglicht. Diese Form der Judenfeindschaft richtet sich gegen jüdische Israelis genauso wie gegen Juden und Jüdinnen in der Diaspora, die mit Israel oder als "Zionisten" per Fremdzuschreibung identifiziert werden oder sich selbst mit Israel identifizieren. Der jüdische Staat zieht den Hass von Antisemiten unterschiedlicher Schichten und politischer Ausrichtungen auf sich und ist zu einer "primären Projektionsfläche judenfeindlicher und verschwörungsbasierter Phantasien geworden". Dabei werden Israel und seine jüdischen Bürger:innen ideell aus der Weltgemeinschaft der Staaten kollektiv ausgesondert, angegriffen und dämonisiert.

Beispiele eines israelbezogenen Antisemitismus

Im folgenden sollen einige Beispiele genannt werden, die bei der Identifikation von israelbezogenem Antisemitismus helfen können.

  • "Die Zionisten" als existentielles Problem der "Menschheit". Die Chiffre "die Zionisten" fungiert dabei nicht als Verweis auf diejenigen, die das Recht auf jüdische politische Selbstbestimmung vertreten, sondern als Synonym für "die Juden".

  • Wenn von einem angeblichen "Kindermörder Israel" agitiert wird. Hierbei wird die antisemitische Fantasie vom "Ritualmordvorwurf" aktualisiert. Es existiert kein vergleichbarer Vorwurf in Bezug auf irgendeine andere Gruppe oder ein anderes Land. Konstruiert wird zudem eine exklusive, vorsätzliche Täterschaft, die den jüdischen Staat dämonisiert. Die jüdischen und arabischen Kinder, die dem islamistischen Terror von Hamas und Jihad zum Opfer fallen, werden verschwiegen, um eine antisemitische Schuldanklage gegen die Juden zu konstruieren.

  • Wenn Israel als "Fremdkörper" bezeichnet wird. Solche Bezeichnungen sind anschlussfähig für Argumentationen, Israel aus der Staatengemeinschaft aussondern bzw. delegitimieren zu wollen.

  • Wenn Juden und Jüdinnen unabhängig von ihrer politischen Orientierung exklusiv aufgefordert werden, sich von Israel zu distanzieren, um an kulturellen oder wissenschaftlichen Veranstaltungen teilnehmen zu dürfen. Dies ist z.B. eine der Forderungen der als judenfeindlich bzw. antisemitisch geltenden BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) an jüdische Israelis.

> weitere Informationen zu israelbezogenem Antisemitismus findet man u.a. bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb.de).
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»„In der 10. Klasse hörte ein Mitschüler, dass ich jüdisch bin. Daraufhin begrüßte er mich mehrere Wochen lang mit dem Hitlergruß und einem symbolisierten Hitlerbärtchen. Obwohl es die Lehrerin und auch die ganze Klasse mitbekam, schritt niemand ein. Die anderen Mitschüler fanden die Situation nur lustig.“«
anonyme Betroffene

 

Antisemitismus unter Muslim:innen

326808 3x2 galerie grossBei den antiisraelischen Demonstrationen im Mai 2020 wurde einmal mehr deutlich, dass auch in muslimischen Kreisen antisemitische Einstellungen weit verbreitet sind. Neben den Angriffen auf Synagogen offenbarten Sprechchöre und Plakate tief sitzende antisemitische Ressentiments. 

Wichtig für das Verständnis des islamischen Antisemitismus ist zum einen ein traditioneller islamischer Antijudaismus, der in religiösen Schriften Jüdinnen und Juden als schwach und Muslim:innen untergeordnet charakterisiert. Dabei bezieht man sich auf den Propheten Mohammed, der im 7. Jahrhundert in Medina 600 bis 900 Jüdinnen und Juden töten ließ, als diese sich weigerten, zum Islam überzutreten. In islamischen Ländern hatten jüdische Menschen folglich den Status von “Dhimmis”, waren Muslim:innen also untergeordnet. Dieser Überlegenheitsanspruch wird mit einem aus Europa importierten Verschwörungs-Antisemitismus verbunden, der das jüdische Streben nach “Weltherrschaft” und eine angestrebte Zersetzung des Islam durch Jüdinnen und Juden beinhaltet. Die Mischung aus dem Gefühl der Überlegenheit und der wahrgenommenen Bedrohung durch “das Jüdische” führt dazu, dass Israel als Projektionsfläche den antisemitischen Hass auf sich zieht. Insbesondere im Kontext des Nahostkonflikts tritt gehäuft israelbezogener Antisemitismus unter Muslim:innen auf: Israel wird als “Kindermörder” und “Terrorstaat” dämonisiert, sein Existenzrecht abgestritten und Verständnis mit islamistischen Terrororganisationen wie der Hamas gezeigt. Befeuert werden antisemitische Tendenzen innerhalb muslimischer Communities teilweise durch Islamverbände wie DITIB oder Millî Görüş sowie durch Propaganda in sozialen Netzwerken und arabischsprachigen Fernsehsendern, z.B. al-Manar TV (Hezbollah) oder al-Aqsa TV (Hamas). 

> Buchempfehlung: Nazis und der Nahe Osten (Küntzel, 2019)
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 Unter Polizeischutz

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„Dass Synagogen in Deutschland durch Polizei geschützt werden müssen, ist ein Alarmzeichen!“

„Wir fühlen uns durch die Polizei sicherer!“

Beide Aussagen werfen ein Licht auf die Situation in Deutschland. Jüdinnen und Juden in Deutschland fühlen sich ohne Polizeischutz vor der Synagoge oft nicht mehr sicher. Einige überlegen deshalb auch, aus Deutschland auszuwandern. Dieser notwendige Polizeischutz ist gleichzeitig ein Alarmzeichen für den Zustand unserer Gesellschaft. Antisemitismus hat in Deutschland dermaßen zugenommen, dass das Leben jüdischer Bürger:innen wieder akut bedroht ist.

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Der Anschlag von Halle

So versuchte am 9. Oktober 2019, dem Tag des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur, ein Rechtsextremist in die Synagoge von Halle (Saale) einzudringen. Mit vier Schusswaffen und Sprengstoff ausgestattet, scheiterte ein Massaker letztendlich lediglich an der verriegelten Eingangstür der Synagoge. Daraufhin tötete der Täter eine Passantin und einen Mann in einem Dönerimbiss und verletzte zwei weitere schwer. Seine Tat streamte er live über die Website Twitch, wobei er zu Beginn des Videos den Holocaust leugnete und Jüdinnen und Juden als Drahtzieher hinter “Masseneinwanderung” und Feminismus identifizierte. Als Ziel gab er an, möglichst viele “Nicht-Weiße” töten zu wollen, vorzugsweise Jüdinnen und Juden. Bereits im Vorfeld hatte er ein Bekennerschreiben veröffentlicht, das ebenfalls antisemitische Verschwörungsmythen enthielt. Anhand der Motive, die dem Anschlag zugrunde liegen, kann sehr deutlich die Überschneidung von Antisemitismus, Rassismus und Antifeminismus abgelesen werden. Die wahnhaft angenommene Notwendigkeit, jüdisches Leben zu vernichten, die diesen Ideologien eigen ist und die Wahrnehmung des Täters anleitete, wird ebenfalls sichtbar.

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Antisemitismus und der Hass gegen "die Elite"

Zentrales Element des NWO-Mythos ist die Vorstellung, dass die Menschheit von einer geheimen Elite unterjocht, versklavt, und kontrolliert wird. Diese Erzählung geht auf die "Protokolle der Weisen von Zion" zurück, welche eine der prägendsten Schriften des modernen Antisemitismus ist. Wie bei allen Verschwörungserzählungen ist die Struktur offen für antisemitische Auslegungen. Ein Name, der in diesem Zusammenhang oft fällt, ist George Soros. Soros wurde als Kind jüdischer Eltern in Ungarn geboren und arbeitete als Finanzinvestor in den USA. Für Verschwörungsgläubige und Antisemit:innen wurde er zur Verkörperung einer einflussreichen jüdischen Elite und einer Führungsperson der „Neuen Weltordnung“. Auch das Schlagwort „Globalisten“ kann eine antisemitische Chiffre für „die Juden“ sein. Die Globalisten selbst hätten keine nationale Identität, sie seien vielmehr „entwurzelte Kosmopoliten“ und auf der ganzen Welt einflussreich. Eigenschaften, die den Menschen Identität gäben, sollten so angeblich überwunden werden.

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Der Begriff "Umvolkung"

Ein zentrales Narrativ der Neuen Rechten ist seit dem 2013 von Renaud Camus veröffentlichten Buch “Le Grand Remplacement” das des “Großen Austauschs”. Im Zentrum dieses Verschwörungsmythos steht eine kleine Elite an “Globalisten”, die durch das Lenken von Flüchtlingsströmen in europäische Länder einen Bevölkerungsaustausch und eine Zerstörung traditioneller europäischer Werte und Traditionen vorantreibe, da Migrant:innen für sie billigere und leichter zu kontrollierende Arbeitskräfte seien. Zahlreiche Politiker:innen werden als Gehilfen dieser Agenda dargestellt, die absichtlich gegen ihr eigenes Volk arbeiten würden. Besonders die Identitäre Bewegung sieht sich im Zuge der Migrationsbewegungen von 2015 als Opfer einer “Multikulti-Hegemonie” in Europa, gegen die es sich zu wehren gilt. Auch wenn die neu-rechten Akteur:innen zumeist nicht Jüdinnen und Juden direkt verantwortlich machen, ist die Rede von einer kleinen sinistren Elite, die im Hintergrund die Fäden zieht, Unheil und Chaos fördert und den europäischen Völkern feindlich gesinnt ist, dennoch ein Paradebeispiel für Antisemitismus. Gerade das Narrativ vom heimatlosen, kosmopolitischen Juden, der seinen Profit über Traditionen und Gemeinschaften stellt, tritt hier hervor. Dass die Eingliederung dieses Denkens auch in die Mitte der Gesellschaft geglückt ist, zeigt sich an der CDU-Bundestagsabgeordneten Bettina Kudla, die 2016 den Begriff “Umvolkung”, der ursprünglich aus der NS-Bevölkerungspolitik stammt, nutzte, um damit die Flüchtlingspolitik Angela Merkels zu kritisieren.

> Buchempfehlung: Die autoritäre Revolte - Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes (Weiß, 2017)
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»„Als meine Mitschüler in der 7. Klasse erfuhren, dass ich Jude bin, rannten mir einmal einige von ihnen auf dem Gang hinterher – dabei hielt einer von ihnen ein Feuerzeug in der Hand und streckte es in meine Richtung. Er rief: „Wir zünden dich an, du Jude!“. Später beteuerte er, dass es doch nur ein Spaß gewesen sei.“«
anonyme Betroffene

 

Wer ist das Opfer?

Antisemitismus_JudensternMitglieder der „Querdenken“-Bewegung haben immer wieder Opfer des NS-Regimes für ihre Zwecke benutzt. Das verhöhnt nicht nur Jüdinnen und Juden und verharmlost den Holocaust, sondern bildet auch die Grundlage für eine gefährliche Rechtfertigung von Gewalt. Die „Querdenker:innen“ stilisieren sich zu Opfern, indem sie das Nazi-Gewaltregime mit der heutigen demokratischen Staatsform gleichsetzen. Während sie auf den Marktplätzen demonstrieren und ihre Meinung kundtun dürfen, saß Anne Frank in ihrem Versteck und hoffte, so die NS-Zeit zu überleben. Doch sie wurde wie Millionen anderer Menschen jüdischer Abstammung in den Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet. Mit dieser Selbstbezeichnung als Opfer begründet die „Querdenken“-Bewegung ein angebliches Recht auf Widerstand. Sie meinen, sich nicht mehr an Gesetze halten zu müssen. Teilweise wird sogar zur Gewalt aufgerufen. Für Einzelne, wie in Idar-Oberstein, bilden solche Gewaltaufrufe die Rechtfertigung für brutalen Mord.

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Sündenböcke gesucht!

Soziale Verwerfungen in der Gesellschaft waren geschichtlich gesehen immer wieder Phasen verstärkten Antisemitismus. Der Reichstagsabgeordnete Georg Friedrich Dasbach († 1907) aus Trier ist dafür ein Beispiel.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führte die aufkommende Eisenbahn und damit verbunden eine Europäisierung des Handels dazu, dass Fleisch aus Ungarn oder Frankreich billiger zu bekommen war als Fleisch von Bauern aus Eifel und Hunsrück. Anstatt sich für eine Modernisierung der rückständigen Landwirtschaft einzusetzen, hetzte der Trierer Landvolk- Führer Georg Friedrich Dasbach gegen die jüdischen Viehhändler. So stand am 28.11.1880 im von Dasbach gegründeten Paulinus zu lesen, dass „die Judenfrage schon lange in Deutschland eine brennende Frage geworden war, da von vielen Seiten über jüdischen Wucher, Geschäftsbenachteiligung der Christen, jüdischen Gründerschwindel und Krach geklagt wurde.“ Auch heute wird teilweise nicht nach den Ursachen von Problemen in einer komplexen, globalisierten Welt gesucht. Stattdessen macht man es sich einfach, indem man Sündenböcke für gesellschaftliche Verwerfungen sucht. Und häufig führt diese Sündenbocksuche zu verstärktem Antisemitismus. Heute richtet sich die Hetze nicht gegen Viehhändler, sondern gegen George Soros und andere Jüdinnen und Juden.

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»„Während der Englisch-Stunde lag mein College-Block offen auf dem Tisch. Zu Hause bemerkte ich, dass dieser voller Hakenkreuze war. Als ich dies dem Direktor mit einer Vermutung zum Verursacher meldete, stellte er ihn zur Rede und der Mitschüler gab direkt zu, dies gemalt zu haben. Er fand, „es machte einfach so viel Spaß“.«
anonyme Betroffene

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Bildernachweis:

Antisemitische Codes - Bild: Grischa Stanjek/democ
QAnon - Bild: Jan Max Gerlach
Israelbezogener Antisemitismus - Bild: bpb.de

Polizeischutz - Bild: privat
Wer ist das Opfer - Bild: Bild: Uni-Erfurt unter Verwendung von Ferdinand Vitzethum

Aktuelles

Unser Projekt "Gemeinsam gegen Antisemitismus" ist für den Publikumspreis nominiert

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Nie wieder ist wann? Menschenrechte kennen keine Grenzen!

Laufdemo

16.11.2024

13 Uhr

Start: Porta Nigra

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„Wem gehört der Feminismus? Und welcher ist der Richtige?“

Lesung mit Gertraut Klemm

06.11.2024, 19 Uhr

VHS Trier, Beletage

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